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Aktivitäten in Bethel

Wenn ich den zweiten Aufenthalt in Bethel Revue passieren lasse, muss ich sagen, eigentlich ist die Zeit relativ schnell vergangen, weil ich immer beschäftigt war.  Anfangs war die Ergotherapie voll, doch ich konnte bald wieder  jeden Tag zweieinhalb Stunden  zur Ergotherapie gehen, zum Sport, zur Gymnastik oder zur Entspannung.

Ich habe viel gelesen, bin im Krankenhaus zur Leseratte geworden, und habe mit Akt- und Portraitzeichnen angefangen, weil mich das schon lange interessiert hat.

Anfangs wurden nur Details gezeichnet: Hand, Arme, Beine, Portrait, und dann alles zusammen.  Die Proportionen waren bei den ersten Aktzeichnungen oft unterschiedlich, wie Tag und Nacht.   Aber es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Je mehr ich gezeichnet habe, desto besser sind die Zeichnungen geworden. Ein Pfleger auf der Station, der auch gut zeichnen konnte, hat immer gesagt: „man merkt du hast deinen eigenen Stil“. Als Anfänger habe ich das nicht gemerkt. Heute,  Jahre später, muss ich sagen der Mann  hat recht gehabt.

An manchen Tagen, je nachdem wie  das Wetter war, habe ich  nach dem Mittagessen angefangen zu zeichnen, und zum Abendbrot war die Zeichnung fertig. Beim Zeichnen war ich   oft  darin so vertieft, das ich den Überblick über Zeit und Raum verloren habe.  Ich habe auch die anderen Patienten im Raum kaum wahrgenommen, außer wenn einer der anderen Patienten einen Anfall bekam, oder mir beim zeichnen über die Schulter gesehen hat.

Mit einigen Patienten konnte man auch etwas unternehmen, ins Theater, Konzert, Kino oder spazieren gehen. Im Touristik- und Informationszentrum Bielefeld habe ich mir immer Theaterpläne besorgt, und was es sonst noch für Veranstaltungen in Bielefeld gibt.

Mit einem anderen Patienten von meiner Station der auch solch ein Kulturfreund ist wie ich, war ich mehrmals im Stadttheater Bielefeld. Bei unseren ersten Besuch haben wir uns „My fair Lady“ angesehen. Ein Stück, dass ich von der Musik und Handlung von einer Videokassette in und auswendig kenne, aber es im Stadttheater Bielefeld das erste Mal direkt auf der Bühne gesehen habe. Als wir ein anderes Mal in der Stadt waren, wollten wir „nur“ einmal sehen was gerade im Theater läuft. An diesem Abend stand die Oper „Turandot“ von Puccini auf dem Plan. Kurzentschlossen haben wir die letzten zwei Karten zu dieser Vorstellung gekauft. Im Krankenhaus wurde noch Bescheid gesagt das wir später kommen, weil wir ins Theater gehen. Es war eine gute Inszenierung. Im Anschluss ging es noch ins Restaurant, und dann nach Hause, ich meine, zurück ins Krankenhaus.

Ein andermal hat  der andere Patient von der Station der den Spitznamen „Professor“ von anderen Patienten hatte,  drei Karten für „Rigoletto“ besorgt, da noch eine andere Patientin von unserer Station gern mit wollte. Allerdings, hat er von der Vorstellung nichts gehabt, da er sich bei einem Spaziergang ohne Begleitung , das heißt „auf eigenes Risiko gehen“ einen Bruch zugezogen hat, und deshalb eine Zeit im Rollstuhl fahren musste. Dafür ist noch eine andere Patientin aus der Rehabilitationsabteilung mitgekommen, mit der ich Kontakt hatte. Während die Patientin aus der Rehabilitationsabteilung einen Schlüssel hatte, um ins Haus zukommen, mussten wir anderen beiden den alten Schleichweg durch das Treppenhaus nehmen. Da der Haupteingang ab 22 Uhr meistens abgeschlossen war.

Der nächste Theaterbesuch hat uns ins TAM (Theater am Markt) geführt, wo wir uns die Premiere von „Maria Stuart“ angesehen haben.  Wir dachten, es sei  auf der Bühne, aber diesmal war das Schauspiel in einem schwarzen Raum, wo vielleicht 60 - 70 Leute einen Sitzplatz hatten, und es keine reservierten Plätze gab.  Das Schauspiel wurde von zwei Schauspielerinnen dargestellt. Es war das erste Mal, dass ich ein Kammerschauspiel gesehen habe. Die Inszenierung und Darstellung der beiden Schauspielerinnen, die nur zwei bis fünf Meter von den Zuschauern  entfernt waren, war grandios. Das Publikum war sehr begeistert.

Ein andermal konnte ich Gerd  (Spitzname „Professor)  dazu animieren mit in die Stadt zu kommen und sich zum 50jährigen Bestehen  der Augsburger Puppenkiste  „Der kleine Prinz„ in Bielefeld anzusehen. Als wir an der Abendkasse waren, war eine lange Schlange Menschen, und die Abendkarten waren ausverkauft. Was nun? Erst haben wir im Theater geschaut, was bei denen heute auf dem Plan steht. Aber die Vorstellung hatte schon  halb acht begonnen. Wir wollten  noch einmal durch das Zentrum gehen, bevor es wieder zum Krankenhaus Mara geht. Im Zentrum sahen wir eine Schlange Menschen an einem Kino stehen. So sind wir kurzfristig ins Kino gegangen, zumal das heute die letzte Vorstellung nach 44 Jahren in diesem Kino war. Ein Glas Sekt gab es zum Empfang, und mit fünf Mark Eintritt war man dabei. Es wurde der Film „Eins, zwei, drei“ gezeigt. Doch bevor man den Film sehen konnte gab es noch einen geschichtlichen Rückblick. Das Kino wurde 1955 mit seinen 570 Sitzplätzen und zwei Rängen eröffnet, und zählte lange Zeit zu den modernsten Kinos Bielefelds.

Während andere nur auf der Station saßen,  nach dem Frühstück schon auf das Mittagessen gewartet haben und dann auf das Abendbrot, war ich viel beschäftigt und unterwegs. Eine Krankenschwester sagte mir auch einmal, ich sei derjenige auf der Station, der am meisten unternimmt. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum die Zeit im Krankenhaus für mich schnell vergangen ist.

Als ich bereits drei Monate in Bethel war, habe ich eine ehemalige Patientin von unserer Station in Dortmund besucht. Es war das erste Mal nach langer Zeit, das ich über Nacht wieder in einer „normalen“ Wohnung war, raus aus der Krankenhausatmosphäre. Keine Sirene, keine Anfälle, kein schreien, sondern eine Totenstille, nur die Musik war zuhören. Sie wollte mir zwar noch Dortmund zeigen, aber ich wollte lieber die Ruhe in ihrer Wohnung genießen, so dass wir uns einen schönen Abend mit Musik und Kerzenlicht  gemacht. Leider ging es mir am Sonntag nicht gut, so dass sie bis zum Hauptbahnhof Bielefeld mitgekommen ist, und gleich wieder zurückfuhr, während es bei mir mit der Taxi wieder Richtung Krankenhaus ging.

Zu Ostern bin ich mit einem anderen Patienten von meiner Station der aus Braunschweig kam, das erste Mal nach drei Monaten nach hause  gefahren. Mein Vater hatte mich vom Hauptbahnhof Braunschweig abgeholt. Da wir über Ostern zwei Tage weg bleiben durften von der Klinik hat sich der Trip in die Heimat gelohnt. Als ich bei den Eltern zum Mittagessen war, hatte ich nur noch einen Gedanken in meine eigene Wohnung, Tür zumachen, niemanden hören und  sehen, einfach nur die Ruhe genießen. Es war schön nach langer Zeit mal wieder in der eigenen Wohnung zu sein, wieder am eigenen PC sitzen,  und am Sonntag in die Gemeinde  gehen. Es hat mir unheimlich gut getan, Menschen aus meiner  eigenen Gemeinde zusehen. Aber die Tage die ich in Salzgitter gewesen bin, ging es mir alles andere als gut, es sind fünf Anfälle durchgekommen, und als ich wieder in Bethel war, kamen zwei weitere epileptische Anfälle.  Ich war  „fast“ froh, als ich wieder in Bethel war.